Kinderlose beneiden Eltern oft um ihre süßen Kinder. Doch spätestens, wenn es bei ihnen selbst so weit ist, wird klar: Kindererziehung ist alles, aber bestimmt nicht leicht. Welcher Erziehungsstil ist nun am besten? Und was hat das Ganze mit Helikoptern und Tigern zu tun?


“Keine Erziehung ist die beste Erziehung” – negierende Erziehung

Hier gibt es keine aktive Erziehung –  das Kind wächst ohne Regeln und Forderungen auf. Die Entwicklung wird dem Zufall überlassen und lediglich durch die sekundäre Umgebung des Kindes beeinflusst. Dies ist auch Teil des bekannten Laissez-Faire Erziehungsstils. Bei diesem wird allerdings mehr Wert auf Nähe und Zuwendung gelegt, was beim negierenden Stil komplett fehlt.

Contra: Mangelndes Interesse an der Kindesentwicklung und fehlende Zuneigung führen zur Vernachlässigung des Kindes.

Auswirkungen: Das Kind findet später nur schwer sozialen Anschluss. Das mangelnde Selbstwertgefühl führt außerdem oft zu übermäßigem Alkohol – oder gar Drogenkonsum. Der Umgang mit Hierarchien und Strukturen ist dem Kind fremd und muss eigens erlernt werden.

Literatur: Judith Rich Harris “Ist Erziehung sinnlos? Die Ohnmacht der Eltern”


“Ich rolle dir jeden Stein aus dem Weg” – Helikoptereltern

Die Bedürfnisse des Kindes werden aufmerksam untersucht und erfüllt. Gerade im Säuglingsalter spielt Bindung eine riesige Rolle: gemeinsam schlafen, lange stillen, viel tragen. Doch auch bei zunehmendem Alter lassen Helikoptereltern ihr Kind nie aus den Augen, sondern kreisen ständig darüber um es zu kontrollieren. Dieses überfürsorgliche und überängstliche Verhalten kommt verstärkt bei Einzelkindern vor.

Pro: Starke Bindung zu den Eltern macht das Kind kooperationsbereiter.

Contra: Gerade am Anfang müssen die Eltern viel Zeit und Emotionen investieren.

Auswirkungen: Das Kind wird spätestens im Kindergarten oder der Schule Probleme bekommen, da es dort nicht verwöhnt wird und andere Dinge im Mittelpunkt stehen. Das Kind muss lernen, dass nicht alles erlaubt ist und wie es mit Konflikten umgeht.

Literatur: Albert Wunsch “Die Verwöhnungsfalle”

“Ab in den Familienrat!” – demokratische Erziehung

Das Kind wird von Anfang an ernstgenommen und kann mitentscheiden. Grenzen und Respekt spielen beidseitig eine große Rolle. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kind ist liebevoll und geprägt durch Akzeptanz und hohe Kommunikationsbereitschaft. Dennoch gibt es Regeln und Erziehungsmittel, die zu einer stärkeren Führung beisteuern als bei den ersten beiden Erziehungsstilen. Über diese Regeln kann bei zunehmendem Alter allerdings verhandelt werden.

Pro: Emotionale Wärme und Vertrauen führen zu weniger Angst vor Kontrollverlust. Eltern können ihrem Kind mehr Freiheiten lassen und so besser zur Eigenständigkeit erziehen.

Contra: Kritiker schimpfen über verweichlichte Eltern, die zu viel mit ihren Kindern diskutieren.

Auswirkungen: Laut Studien sind Kinder aus demokratischen Familien verhältnismäßig  glücklicher, lebensfähiger und selbstbewusster als andere.

Literatur: Jesper Juul “Dein kompetentes Kind”

“Das schaffen wir zusammen” – beratende Erziehung

Eltern sind die wichtigsten Ansprechpartner und dank der Sozialen Medien ständig für ihre Kinder erreichbar. Statt fester Regeln gibt es Gespräche über Gefühle, Ängste, Politik oder Beziehungen. Die Eltern wollen so ihre Kinder beim Selbstfindungsprozess unterstützen. Es geht viel um Gefühle und Emotionen.

Pro: Die Kinder sind selbstbewusst und selbstständig und können sich ihr eigenes Urteil bilden.

Auswirkungen: Diese Erziehung fördert soziale Kompetenz. Wer so aufwächst, legt mehr Wert auf Familie, hilft vielleicht mehr im Haushalt und kann besser mit Gefühlen umgehen. Umfragen zeigen, dass 90 Prozent von ihnen sogar ihre eigenen Kinder genauso erziehen würden.

Literatur: Jutta Ecarius “Spätmoderne Jugend. Erziehung des Beratens. Wohlbefinden.”

“Ich Chef, du Nix” – autoritäre Erziehung

Hier sind die Eltern eindeutig die Chefs. Sie bestimmen klare Regeln, die bei Verstößen mit Druckmitteln wie Handyverbot oder herrischem Ton bestraft werden. Zu den Grundlagen zählen Verzicht, Disziplin, Gehorsam und Unterordnung. Den Eltern soll mit Respekt entgegengetreten werden, Diskussionen gibt es keine – richtige Tiger eben. Ariane Breyer schreibt in der Zeit, dass sich gerade in Stresssituationen jeder mal autoritär verhält: “Das Kind weigert sich, die Treppe zur Wohnung im vierten Stock hochzugehen? Eltern mit Hang zum Autoritären eskalieren wie folgt: ermahnen, wütend werden, Kind am Arm packen und hinterherschleifen. Man hat durchgegriffen, und das Kind lernt, dass sich durchsetzt, wer am lautesten brüllt.”

Pro: Eltern haben die volle Kontrolle und können so die Entwicklung ihres Kindes beeinflussen.

Contra: Dem Kind fehlen Eigeninitiative und Selbstständigkeit, da seine Meinung sowie Erfolge unbeachtet bleiben.

Auswirkungen: Kinder sind später öfter aggressiv und mobben andere. Sie sind schlechter in Schule und Beruf und neigen zu Depressionen. Außerdem sind sie anfälliger für Nikotinkonsum und Alkoholmissbrauch.

Literatur: Amy Chua “Die Mutter des Erfolgs”

Doch wer sagt überhaupt, dass du dich festlegen musst? Auf 100 Eltern kommen vermutlich genauso viele Erziehungsstile. Meist ist es ein Mix, der sich im Alltag bewährt. Und: Die Qualität der Erziehung steigt nicht mit dem Stapel der Erziehungsratgeber. 

zuerst erschienen auf anderthalbmeter.de/familienalbum

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14. Januar 2019

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